Morgens sollte es früh losgehen, schließlich wartete ja noch der Rückflug nach Kathmandu auf uns. Aber in der Nacht war dann eigentlich schon klar, dass wir nicht fliegen könnten: es regnete ununterbrochen. Zum Glück hatten wir aber diesen einen Reservetag eingeplant, wir hätten zur Not sogar noch einen weiteren Tag zur Verfügung gehabt.
Selbst in der Hochsaison muß man Reservetage einrechnen, da dann meistens zu viele Passagiere auf ein Flugzeug warten.
Nachdem wir uns von den Trägern, dem Klettersherpa und Dendi verabschiedet hatten, von denen uns nochmal weiße Schals geschenkt wurden, hieß es für uns nur noch warten. Lukla ist nicht sehr groß, hat keine Sehenswürdigkeiten und Wegstrecke lag auch keine vor uns, wir hatten also das erste Mal auf unserer nichts zu tun!
Die einzige Sehenswürdigkeit, die es für mich gab: die Bank. Wenn man gewohnt ist, im Anzug zur Arbeit zu gehen, kommt man sich hier schon ein bisschen komisch vor. Die beiden Angestellten hatten außer einem Taschenrechner, einem großen Kassenbuch und den Formularen für den Reisescheckumtausch keine weiteren Hilfsmittel, aber wozu auch? Erstaunt war ich aber schon, dass selbst hier ein Umtausch von Reiseschecks ohne größere Probleme abzuwickeln ist. Aber in der Bank in Kathmandu gab es sogar wieder Computer…
Auf unserem Mittagsspaziergang konnten wir dann noch die neuen Flughafengebäude bewundern, sowie ein oder zwei Flugzeuge, die bei schlechter Sicht zwar gelandet sind, aber nie wieder fliegen konnten… Es gab aber keine Verletzten!
Nachdem wir noch in der Nacht in völliger Dunkelheit mit unseren Stirnlampen bewaffnet in unsere Lodge gezogen sind, konnten wir am nächsten Morgen endlich die Größe des ganzen Dorfes überblicken.
Links oben: die kleine helle Hütte neben der großen Lodge ist Kagis Tea-Shop, das Dach qualmt, da es üblicherweise in solchen Hütten keinen Kamin gibt.
Rechts: unsere Lodge für diese Nacht. Die lange Gebetsfahne, die quer über das Tal hängt wird regelmäßig von Kagi und dem Besitzer der Lodge für das Dorf gespendet.
Oben: Auf dem Bild sieht man ungefähr die ganze Gruppe, die uns auf unserer Tour begleitet hat. (rechts außen: der ältere der beiden Träger, daneben ein weiterer Träger, der uns am Anfang und am Ende geholfen hat, Kagis Frau mit ihrem Sohn, in der Mitte Kagi, daneben sein Bruder Dendi) Die Schals, die wir umhängen haben, bekamen wir von Kagis Familie als Zeichen ihrer Freundschaft.
Am Abend folgte dann das eigentliche Abschiedsessen, an dem alle nochmal zusammensitzen konnten, selbst unser Klettersherpa war wieder dabei.
Links oben: Der Kuchen wurde auf einem offenen Feuer gebacken und wirklich vorzüglich, da war der Text drauf leicht zu verstehen.
Üblicherweise gibt es eine sogenannte Bescherung nach einer Trekkingtour. Hier übergibt man außer einem Trinkgeld für die Träger und Führer meistens noch Bekleidung, Schuhe oder ähnliches. Offensichtlich kam das Geld sehr gut bei den beiden Trägern an. Wobei man hier sehr aufpassen muss, dass man nicht zuviel gibt, so sehr die Menschen das Geld gebrauchen könnten.
Nach dem Essen wurde natürlich noch ein bisschen gefeiert und auf dieser Höhe war auch der Alkohol für den Körper kein größeres Problem mehr. Die normale Flaschengröße beträgt hier 0,65l, da kann man dann schon von einem Bier sprechen!
Auch wenn sich die Waschmöglichkeiten nicht unbedingt mit einer „normalen“ Reinlichkeit decken, für den überschaubaren Zeitraum kann man so auskommen. Vor allem gegen Ende des Urlaubes, als abzusehen war, bald wieder in ein Hotel nach Kathmandu zu kommen.
Rechts: Ganz in der Nähe der Nationalparksgrenze stand dann noch die letzte der großen Hängebrücken auf dem Etappenplan. Dort begegneten wir dann auch dem wohl stärksten Träger, er trug ganze 140kg! Die Frauen, die man auch sehr häufig als Träger sieht, stehen dem aber in nichts nach: die „Stärkste“ trug 120kg.
Gegen Ende unserer Tour hatten wir dann noch die Gelegenheit, unseren Führer zuhause zu besuchen. Er hatte erst vor wenigen Monaten ein neues Haus in seinem Heimatdorf in der Nähe von Lukla gekauft. In der Nähe hieß für uns einen Fußmarsch von einer guten Stunde. Das ist dann auch für Kagi der Weg um zu einem Telefon zu gelangen, wenn er nicht gleich nach Kathmandu (für ihn 3 Tage Fußmarsch) läuft.
Ein normales Haus ist in Nepal lediglich eine Holzhütte, nur einigermaßen wohlhabende können sich Häuser aus Stein leisten.
Hier bekamen wir dann aus bescheidenen Verhältnissen noch ein erstes Abschiedsessen serviert, das wie die ganze Zeit wirklich sehr gut geschmeckt hat. Außerdem durften wir noch zwei nepalesische Spezialitäten genießen: Chang (Reisbier) und Wein (Schnaps). Weder dem Bier noch dem „Wein“ konnten meine Geschmacksnerven viel abgewinnen, also blieb ich dann doch beim Schwarzen Tee, der mir als eher Teetrinkender sowieso wesentlich besser schmeckte.
In dieser Nacht konnte ich zum ersten Mal seit langem wieder komplett durchschlafen. Auf nur 4.243m ist die Luft wieder verdammt dick!
Der Urlaub war jetzt aber auch schon so gut wie vorbei, es stand nur noch der Rückweg auf dem Plan und da brauchten wir ja auch nicht mehr langsam zu machen, da die Zielorte immer tiefer lagen. Auch das Wetter sagte: „Geht nach Hause!“ Wenn es nicht regnete, hatten wir doch zumindest richtig beschissenes Wetter…
Zunächst hieß das Ziel Namche, und dort hatten wir dann auch endlich wieder einmal Gelegenheit zu duschen! Einen solchen Luxus hatten wir das letzte Mal ebenfalls in Namche zwölf Tage vorher genossen!
Dieser Tag bedeutete für mich langsam wieder an die Heimat zu denken und den ganzen Tag zusammen mit den Eltern von Matthias einer Hauseinweihungszeremonie zweier Mönche zu lauschen. Unsere Lodgebesitzerin hat sich für die neue Saison auch eine neue Lodge bauen lassen.
Für Matthias bedeutete der Tag Aufstehen um 3:00 Uhr, um sich in bis zu hüfthohem Schnee bei 50m Sicht Richtung Vorgipfel (ca. 6.100m) zu schleppen. Der Weg zum Gipfel war wegen einer zu breiten Gletscherspalte einfach nicht machbar. Aber er hatte die 6.000er Grenze ganz offiziell und für ihn das erste Mal überschritten!
Nach einer langen Tour kamen sie dann endlich mitsamt der kompletten Ausrüstung zurück nach Chukkung, wo wir kurze Zeit später beschlossen aufgrund der neuerlichen Höhenprobleme seines Vaters, gleich noch die 2,5 Stunden Etappe bis Pheruche auf uns zu nehmen.
Dort kamen wir dann kurz vor Einbruch der Dunkelheit an, Matthias war nach dieser Mördertour entsprechend fertig.
Um 2:00 hat es natürlich geregnet, das bedeutete kein Gipfel heute. Wir hatten für diesen Fall ausgemacht, dass wir ins Hochlager auf ca. 5.500m aufsteigen würden, um am nächsten Tag einen weiteren Versuch zu starten. Da aber abzusehen war, dass das Wetter auch dann nicht besser ist, beschloss ich aufgrund meiner fehlenden bergsteigerischen Erfahrung lieber zurück nach Chukkung zu gehen. Für Matthias hieß das, dass er mit den beiden Sherpas alleine versuchen konnte, nach oben zu kommen, da ja das ganze Material noch oben war.
Kagi war an diesem Tag trotzdem nochmal auf dem Berg, da die Fixseile in der Zwischenzeit zugeschneit und kaum mehr aufzufinden waren.
Nachdem Kagi am Vortag schon die ganzen Vorbereitungen getroffen und die Ausrüstung für den Island Peak zusammengestellt hatte, hieß es für ihn und einen speziellen Kletter-Sherpa sich auf den Weg ins Base Camp zu machen und alles aufzubauen.
Am 14. Tag brachen die beiden dann noch in der Nacht auf, um bei den entscheidenden Stellen Fixseile für uns zu legen. Wir hatten es mit einem gemütlichen Marsch in Begleitung unserer beiden Träger, die in der Zeit einen wirklichen Knochenjob zu erledigen hatten, zum Base Camp doch entschieden leichter.
Während der Hochsaison ist es nicht mehr so leicht hier einen geeigneten Zeltplatz zu finden, da der Island Peak (Imja Tse ist nur ein für die Touristen eingeführter Name) sehr beliebt ist.
Die Gebetsfahnen gehören natürlich hier unbedingt dazu, da sie zum Gelingen der Tour und auch zum Schutz vor Steinschlag unverzichtbar sind.
Ansonsten war der Tag relativ langweilig. Vor dem Zubettgehen um 17 Uhr gab es noch Abendessen, am nächsten Tag sollte es bereits um 2:00 Uhr Richtung Gipfel losgehen.
Am 13. Tag hatten wir dann noch einen Akklimatisationstag für den Island Peak, Matthias und ich machten eine kleinere Tour in der näheren Umgebung der Lodge. Auf den beiden niedrigeren Gipfel des Chukkung Ri (5.043m, 5.400m, 5.500m) war ich dann noch mit dabei, für den dritten fehlte mir einfach die Motivation, im Gegensatz zu Matthias.
Die Bilder davon werde ich noch nachreichen, ich selbst habe davon leider keine…
Am Nachmittag war unsere Gruppe dann auch mal wieder vollständig. Der Vater von Matthias fühlte sich wieder so weit fit, dass er auch wieder in größere Höhen gehen konnte.
Nach einer weiteren Nacht im Schlaflager in Lobuche folgten wir teilweise wieder dem Everest-Trek in umgekehrter Richtung. Wir mussten feststellen, dass hier dank der Niederschläge auf dem Hinweg, so die Brücke auf dem Bild nicht mehr genau dort stand, wo sie vorher war.
Kagi war am Vortag nach der Kala Pathar-Tour noch nach Pheruche gelaufen, um nach dem Vater von Matthias zu sehen, da er wegen Problemen mit der Höhe abgestiegen war. Abends war er dann allerdings wieder zurück in Lobuche.
Die Eltern von Matthias sind am zwöften Tag dann auf den Dingboche Ri als Akklimatisationstour, während wir unterhalb des Ri’s nach Chukkung (4.730m) gelaufen sind.
Da hier das Wetter wieder deutlich schlechter wurde und wir ja teilweise bekannte Wege liefen, habe ich nur ganz weniger Bilder gemacht. Einmal war ich dann auch noch so blöd, meinen Foto in der Lodge liegen zu lassen .
Der elfte Tag war der Höhepunkt für meinen Teil der Reise. Als Ziel stand der Kala Pathar (Schwarzer Berg) auf dem Plan. In Wirklichkeit ist das gar kein Berg, sondern nur ein Aussichtshügel. Der Nordgipfel direkt unterhalb des Pumori ist 5.675m hoch, der häufiger genannte Südgipfel (in der Bildmitte) ist 5.545m hoch. Interessante Begegnung mit Gorak-Hühnern.
Auf der Erde sehen diese Hühner, die auch der letzten Ansiedlung vorm Mt. Everest ihren Namen gegeben haben, sehr unscheinbar aus. Ein bißchen wie Rebhühner, relativ groß und ziemlich kugelrund.
In der Luft allerdings haben sie mehr Ähnlichkeit mit Düsenjets. Zuerst hört man nur ein unheimlich lautes, hohes Rauschen, dann donnern mehrere Goraks im Formationsflug, die Flügel in Deltaform angelegt, über die Köpfe hinweg und sind so schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht sind. Aus diesem Grund haben wir auch leider keine Bilder.
Am unteren Rand des Bildes sieht man noch die beiden Lodges von Gorak Shep zu sehen, am Horizont dann Kang Terka, Tamserku und Tobuche.
Zu den heiligen Gorak-Hühnern gibt es noch eine nette kleine Geschichte, die aber eher eine Legende sein dürfte: Die Vögel fressen von giftigen Pflanzen, wenn ihnen dann schlecht wird, fliegen sie bis zum Everest-Gipfel, um sich dann, „auf Durchzug gestellt“, wieder ins Tal hinabzustürzen. Kurz vor dem Aufschlagen ziehen sie dann meistens wieder nach oben und sind wieder gesund.
Das Gipfelbild auf dem Nordgipfel, jeder Gipfel ist hier mit Gebetsfahnen geschmückt. Hier hat uns Kagi mal wieder überrascht, er servierte uns heißen Tee und dazu Kekse, ein paar Schokoriegel und selbst der Käse hinterher hat auch noch wie das beste Gourmet-Menü geschmeckt.
Bevor wir dann unseren Rückweg über den Südgipfel nach Gorak Shep zur Mittagspause angetreten haben, versuchte Kagi noch, in der Spiegelung meiner Sonnenbrille den Mt. Everest zu fotografieren, leider ist es mit meiner kleinen Schnappschußkamera nichts geworden.
Nach der obligatorischen Nudelsuppe traten wir dann auch gleich die Etappe nach Lobuche an.
Die Wege bis Gorak Shep und weiter zum Everest Base Camp sind nicht ganz ungefährlich, vorallem im Sommer an einem klaren Tag. Die Wege verlaufen zum großen Teil direkt auf dem Gletscher, der unter der Sonneneinstrahlung stark schmilzt.
Normalerweise wird die Kala Pathar-Tour direkt von Lobuche aus gemacht, das wäre aber in unserem Fall nicht so gut gewesen, da wir die Zeit in der Höhe für unser letztes Ziel, den 6.189m hohen Island Peak, dringend brauchten.
Das Schlafen in dieser Höhe ist schon eigentlich kein richtiges Schlafen mehr, man wacht im Normalfall mehrfach in der Nacht auf und der Körper kann sich bei weitem nicht mehr so gut regenerieren. Davon abgesehen hatten aber weder Matthias noch ich selbst Probleme mit der Höhe.